Es ist wirklich erstaunlich, aber bei der Frage „Was ist EDI?“ gibt es mindestens so wenig Klarheit wie im vorigen Jahrtausend. Schlagzeilen wie „XML statt EDI“ zeugen von einer großen Begriffsverwirrung, ja von Unwissenheit der Fachjournalisten. Nun ist Oberflächlichkeit im Journalismus wohl eine Modeerscheinung, betrifft also keineswegs nur die „Computer-Branche“, aber diese eben auch.

Wirklich befremdlich wird es aber, wenn Master-Studentinnen und -Studenten zum Thema recherchieren (z.B. die Angebote der EDI-Anbieter in einer Studie vergleichen wollen) und gar keine klare Vorstellung vom Gegenstand haben, den sie untersuchen. Da wird dann gefragt, ob etwa „Webservices“ nicht viel sinnvoller oder „zeitgemäßer“ seien als „EDI“. Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen, was einer wissenschaftlichen Studie nicht immer gut tut.

Wenn die Fachleute alles durcheinander werfen, wie sollen das dann die Anwender, die Verantwortlichen in den Nicht-IT-Unternehmen, z.B. bei den Herstellern von Lebensmitteln, durchschauen? Und dabei wäre es ja ganz einfach:

1. Sobald strukturierte Daten ausgetauscht werden, mit dem Ziel, dass sie der Empfänger automatisch weiterverarbeiten kann, ist das EDI („Maschine zu Maschine“).

2. Ein elektronisches Dokument, das für Menschen gemacht ist, z.B. eine PDF-Rechnung, ist kein EDI, auch wenn es elektronisch übermittelt wird („Mensch zu Maschine“; denn der Empfänger muss die Daten manuell in sein System eingeben).

Es ist also dem Begriff EDI ganz egal, ob die auszutauschenden Dateien einer bestimmten Norm entsprechen oder ob die Struktur einfach nur zwischen Sender und Empfänger bei einem Bierchen vereinbart wurde. Es ist auch ganz egal, auf welche Weise die Datei zum Empfänger kommt, per AS2, per Email oder als Datenstick per Brieftaube (Auch Webservices sind natürlich möglich. Aber durch die gehäufte Verwendung solcher Modebegriffe lässt sich der eigene IQ leider auch nicht steigern.)

Bis in die 90-er Jahre hinein gab es in vielen Unternehmen noch folgendes so genannte „Datenträgeraustauschverfahren“: Das Buchhaltungsprogramm erzeugte eine so genannte DTAUS-Datei. Diese wurde auf ein Magnetband (!) übertragen, welches per PKW zur Bank gefahren werden musste. Die Bank las das Band in ihr Computersystem ein und führte anschließend die gespeicherten Zahlungsaufträge auf Knopfdruck aus.

Natürlich war das EDI!

Eingeführt 1976, vor mehr als 40 Jahren!